Ich weiß jetzt, wie sich Krankenschwestern auf Nachtwache fühlen. Mit drei französischen Rentnern und zwei schweizer Rentnerinnen das Zimmer teilen und bei jedem Atemaussetzer drauf hoffen, daß der oder die auch wieder anspringt, ist schon kraftraubend. Im übrigen genauso kraftraubend wie dem Schnarchen und Röcheln zuzuhören und das bei geschlossenem Fenster, weil eine der Damen drum gebeten hat. Es war eine grausame Nacht und ich habe mir geschworen, daß es nur noch zwei Alternativen gibt: Einzelzimmer oder Zelt. Basta.
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Archiv des Autors: toniturek
51. Etappe: LePuy en Verlay – St-Privat-d-Allier
Das es anders werden würde, habe ich gestern schon geahnt. Die Stadt war voll mit Rucksackleuten, die dem Interrailalter längst entwachsen waren und trotzdem was Aufgeregtes an sich hatten, das ich nicht ganz einordnen konnte. Ich war aber auch mit meinen Erledigungen beschäftigt. Die eingesammelten Devotionalien nach Hause schicken, einen neuen Stempelausweis organisieren und neues Duschzeug brauch ich auch, weil das Alte bei der gestrigen Waschorgie draufgegangen war. Als ich durch die Stadt hektike, fällt mir ein Schild auf: Monument national de Resistance et Maquis suivre blablabla. Ein Verkehrsschild, das die Richtung weißt. Man möge sich das in Deutschland vorstellen. „Nationale Gedenkstätte für die Edelweißpiraten, den kommunistischen und christlichen Widerstand und die paar Offiziere, die kurz vor Schluß noch nen Arsch in die Hose gekriegt haben, fährste am besten über A-Hausen und B-Dorf“ Irgendwie unvorstellbar. Also gegoogelt was das ist und wo das ist. Und tatsächlich gibt es am Mont Mouton eine nationale Gedenkstätte für die Restistance und den Maquis. Also hin zum Tourist Office und gefragt, wie weit das ist und ob da ein Bus fährt. Fährt nicht. Doof, aber die Damen waren sehr hilfsbereit und sagten die Hertzens seien um die Ecke. Ich bin dann um die Ecke und hab mir einen Kleinwagen für n paar Stunden geliehen, was nicht die Welt gekostet hat. Insgesamt komm ich eh immer mehr dahinter, daß man sich für den Preis eines Neuwagens ganz viele Jahreskarten und auch ganz oft einen Leihwagen leisten kann.
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50. Etappe: Vorey-sur-Arzon – Le Puy en Velay
Heute geht es nach Le Puy, diesem wichtigen Ort auf dem Weg nach Santiago. Er ist seit vielen 100 Jahren Sammelpunkt für die Pilger aus dem Osten, bevor sie sich nach St. Jean Pied de Port aufmachten, um von dort aus die Pyrenaen zu bezwingen. Also ein durchaus geeigneter Ort für einen Boxenstopp, den ich dort morgen auch einlegen werde. Wäsche waschen, Post erledigen und die Stadt anschauen. Das alles ohne 12 Kilo auf dem Buckel. Super. Aber vor das Vergnügen hat irgendwer eine fast achtstündige Wanderung gelegt. Der Depp. Oder auch nicht.
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49. Etappe: Retournac – Vorey-sur-Arzon
Heute gehts an der Loire entlang, die sich derzeit zu meinem französischen Lieblingsfluß mausert und der Gedanke mal mit dem Auto von der Quelle bis zur Mündung diesem Gewässer zu folgen und hie und da Rast zu machen, hat eindeutig was für sich. Rund 1000 Flußkilometer sind in etwa 10 Tagen zu machen, zwei Tage Anreise, zwei Tage Heimreise und fertig sind 14 Tage Erholung. Noch bin ich aber zu Fuß unterwegs und der Weg führt steil vom Ufer weg in die Berge. Das garantiert schöne Ausblicke, vor allem auch weil gutes Wetter ist und die Sonne scheint.
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48. Etappe: Valprivas – Retournac
Es regnet nicht. Vielleicht hat sich das Schmollen und Hadern ja gelohnt. Aber aua, meine Schulter tut weh. Wo kommt das denn her? Ich habe ja diese abwaschbaren Hygienematratzen in diesen Herbergen im Verdacht. Also Diclophenatic heute mal großzügig verteilen und dann geht es auch wieder. Zum Frühstück geht es in die Bar, wo ich auch den Schlüssel wieder abgeben muß. Gereicht wird ausschließlich eine Orangenmarmelade, die die Engländer gerne für sich behalten können. Ich verzichte und imitiere die Franzosen, die ihr Baguette zuckern und in Kaffee stippen. Außerdem gibts noch Honigbrote. Man kann sich an dieses nur-süß Frühstück echt gewöhnen, muß man aber nicht. Es regnet immer noch nicht, als ich losgehe.
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47. Etappe: Marols – Valprivas
Der bislang schwärzeste Tag der Tour, und daß obwohl er sehr nett begonnen hatte. Er ging nämlich damit los, hoch über dem Tal mIt Sonnenstrahlen wachzuwerden und beim Packen Regenjacke und Regenhülle nicht allzuweit wegzutun, aber immerhin nicht von vornherein aufzuspannen. Das Frühstück mit der alten Dame, bei der ich erst heute morgen eine rote Strähne im grauen Haar bemerkte, war sehr angenehm und wir unterhielten uns sehr angeregt über die Situation in Frankreich, die sie für verfahren hält, weil jeder nur kurzfristig und an sich denken würde. Sie kam zu dieser Einschätzung, weil ich mich freudig über das Zero Plastic am Frühstückstisch freute und sie sich als Umweltschützerin erklärte, gleichzeitig bedauerte, daß sich immer nur ihre deutschen Gäste drüber freuen würden. Zu den Protesten gegen die neuen Arbeitsgesetze a la Hartz, meinte Madame das sich die CGT so auf die Hinterfüße stellt, weil ihr die neuen Bewegungen, wie die Nuit Debuit, den ersten Platz in Aktion wie Inhalt streitig machen. Hm, der Gedanke ist mir bislang nicht gekommen, aber mein Eindruck am 01. Mai war eben auch nicht, daß das Durchschnittsalter ohne Ü-40 Parties auskommt. Also interessant und aufschlußreich, aber ich wollte ja weiter.
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46. Etappe: Montbrison – Marols
Nachdem ich gestern viel Zeit in der Horizontalen verbracht habe, war ich heute früh wach und zeitig unterwegs. Überraschenderweise hatte es sich nachts ausgeregnet und ich ging bei trockenem Wetter los. Welch Freude. Das Städtchen, 15000 Einwohner und irgendwann mal französischer Zweitligist, war schnell verlassen und es ging wieder in Richtung Wald und Wiese. Allerdings sei noch Moingt erwähnt, das ich unter Vorort gebucht hatte, sich aber als veritabel alter Ort entpuppte, den bereits die ollen Römer wegen der Mineralquellen schätzten. Die Altstadt sieht auch so aus, was ja gemeinhin und auch in meinen Augen als sehenswert gilt.
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45. Etappe: Montverdun – Montbrison
Nun sitz ich hier und eigentlich gibt es nichts zu erzählen. Eine knapp vierstündige Wanderung über 17km durch nieseligen Regen. Von den Äußerlichkeiten her also nichts, was wirklich erwähnenswert wäre, wenn, ja wenn ich nicht das erste Mal das Gefühl gehabt hätte, daß ich mich an den Regen gewöhnt habe. Das sollte jetzt für jemanden, der im Siegerland, einer der regenreichsten Gegenden in Deutschland, geboren ist, nicht verwundern, aber ich gebe dabei zu bedenken, daß ich mich bestimmt 40 Jahre lang nicht mehr freiwillig so lange und so intensiv dem Niederschlag ausgesetzt habe.
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44. Etappe: Pommiers-en-Forez – Montverdun
Ein Wohnwagen ohne Heizung ist auch keine Lösung. Die Klamotten, die ich gestern zum Trocknen aufgehangen habe, haben sich mit der hohen Luftfeuchtigkeit zusammengetan und sind feucht geblieben. Alles andere wollte dem nicht nachstehen und war klamm. Das ist der zentrale Nachteil beim Campen, wenn es regnet. Aber in lauen Sommernächten gibt es nichts besseres. Leider lassen diese Sommernächte noch auf sich warten. Aber beim losgehen regnet es nicht und es verspricht eine recht entspannte Tour zu werden. Flach und viel Geradeaus, was ganz in meinem Sinne ist, weil ich mich mal sortieren muß.
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43. Etappe St-Jean-St-Maurice – Pommiers-en-Forez
Ich bin gegen neun Uhr losgekommen, weil ich einfach auch keine Lust hatte, im Regen loszulaufen und die Wettervorhersage angekündigt hatte, daß es am frühen Vormittag aufhört, was es dann auch tat. Aber es wollte partout nicht aufreißen, was schade war, weil die Landschaft auch ohne Loire herrlich ist. Und so trottete ich meines Weges, machte hier und da ein Foto, überholte die vier Franzosen, die ich schon in St Haon le Chatel getroffen hatte und pflegte ansonsten meine schlechte Laune. Der Mai neigt sich dem Ende zu und es herrscht weiterhin Aprilwetter. Das war ganz anders bestellt. Ich haderte mit dem Schicksal und war genervt. Als dann auch noch die angekündigte Bar-Tabac gleich ganz zu kaufen war und sich nicht mehr mit einem einzelnen Kaffee aufhalten wollte, war der Tiefpunkt erreicht. Der Reiseführer kündigte in knapp 4km die nächste Einkehr an und ich wollte dem Tag eine letzte Chance geben.
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