Schweren Herzens ging es los. Ich habe mich in diesem Hotel mit seinem geschmackvollen Interieur, seiner aufgeräumten Stimmung und den schön großen Zimmern echt wohl gefühlt. Und sowas kommt ja eher selten vor. Aber ich habe mich losgeeist, was bei den frostigen Temperaturen fast schon wörtlich zu nehmen ist. Aus dem Ort raus ging es selbstverständlich bergauf, und eine weitere Facette dieser Stadt mit ihrer leicht morbiden Grundtönung kam zum Vorschein. Ich ging durch ein Quartier mit Bürgerhäusern im elsäßischen Baustil, die für den Wohlstand dieses Städtchen stehen oder gestanden haben, der unten im Tal so nicht zu spüren war. Die Häuser waren im Gegensatz zu unten im Tal auch alle glänzend in Schuß. Franz Josef Degenhardt und seine Schmuddelkinder kamen mir in den Sinn und begleiteten mich als Melodie durch den Vormittag.
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21. Etappe: Couvent St. Marc – Gueswiller
Nach einer bemerkenswert ruhigen Nacht – Kein Piepsen, kein Vibrieren, keine Schlaflosigkeit mit ein bißchen fb bekämpfen – wurde ich morgens wach. Erholt. Es war also einfach nur ruhig, was ja zum Schlafen geradezu einlädt. Das hab ich dann auch anscheinend gründlich getan und bin nach ein wenig Vorpacken zum Frühstücken gegangen. Selbstgebackenes Brot und Portionspackungen mit Butter und Marmelade, dazu aber ein guter Kaffee. Das wars. Es heißt ja auch petit dejeuner und nicht Brotzeit. Allerdings denke ich, die Bräute Jesu sollten beim Thema Nachhaltigkeit und Plastikmüll mal noch genauer bei ihrem obersten Dienstherr, Papst Franziskus, nachlesen, was er zur Ressourcenverschwendung geschrieben hat. So hängt sein Portrait nur im Speisesaal. Unabhängig davon war es mir beim Abschied ein wenig schwer, weil ich diese Auszeit in der Auszeit sehr genossen habe. Donnerstag abend checke ich aber in Bellemagny schon wieder in ein Kloster ein, diesmal bei Benediktinnerinnen. Mal schauen wie das wird.
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20. Etappe: Turckheim – Couvent St. Marc
Ich bin im Kloster. Zusammen mit dem Hausmeister allein unter Nonnen. Eine echt interessante Erfahrung, vor der mir – ehrlich gesagt – ein wenig Bange war. Aber da sich die Streckenführung langsam wieder von den touristischen Hotspots des Elsaß entfernt und das Zusammenlegen von zwei Etappen eher ein Gewaltmarsch als irgendwas Vergnügliches geworden wäre, habe ich Herberge bei den Schwestern von Hl. Josef zu St . Marc genommen. Naja, und irgendwie wollte ich das auch. Gucken wie das ist.
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19. Etappe: Ribeauville – Turckheim
Nach einem üppigen Frühstück gings bei ziemlich frostigen Temperaturen los. Und es wurde eine schöne Tour, über weite Strecken entlang des Sentiers de Grand Crus, also der großen Weinlagen. Und es gab nicht nur große Lagen, sondern auch herrliche Weitsicht bis hin zu Schwarzwald und Kaiserstuhl. Ich war also rundum zufrieden und ging meines Weges, als urplötzlich eine Horde Selbstoptimierer an mir vorbeikeuchte und weil die alle Nummern am Leibchen hatten, war mir klar, daß es um einen Wettbewerb gehen mußte. Während in früheren Zeiten der Jogger oder die Joggerin das alleine oder in kleinen Gruppen, jenseits des Wettbewerbs, und für die eigene Fitness unterwegs war, hat nun auch hier die Wettbewerbsökonomie Einzug gehalten. Niemand joggt mehr, sondern es wird trainiert. Und so ist aus dem Trim-dich-fit Gedanken der siebziger Jahre über das Joggen der 90er, vielleicht noch der 2000er Jahre, dieses mindestens Halbmarathon-Gedöns geworden. Mit Ranglisten und Bestzeiten und all dem was zu einem Wettbewerb gehört. Ich war drauf und dran gutes Wetter und das Panorama für einen weiteren Gedankengang zur Ökonomisierung der Lebenswelten sausen zu lassen, als die Subversion fröhliche Urstände feierte. Irgendeine dritte Mannschaft (ohne hier irgendeiner dritten Mannschaft zu nahe treten zu wollen. Ihr wisst, wer ihr seid!) hat der Ökonomisierung die Spitze gebrochen und war mit Kind und Kegel gehenderweise und bester Dinge auf der Wettkampfstrecke unterwegs und kassierten den meisten Beifall. Ich hab im übrigen auch ein wenig Applaus bekommen, weil ich gegenläufig und ja nun auch deutlich langsamer als die Selbstoptimierer unterwegs war. Gut hat das getan.
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18. Etappe: Barr – Ribeauville
Es regnet mal wieder, was die Reiseplanung dahingehend optimiert, daß ich bis Dambach la Ville shutteln werde und dabei mal die französische Bahn ausprobiere und von Dambach aus nach Ribeauville laufe. Sechs Stunden durch den Regen dürften für ein Fleißkärtchen auch reichen. Also ran an den Gare und den Fahrkartenautomaten. Wofür in Deutschland menschliche Helferlein nötig werden, ergibt sich das hier doch reichlich intuitiv, auch für einen eher sprachunkundigen Zeitgenossen wie mich. Die erste Hürde ist also mit Bravour genommen und der passende Zug läuft ein. Pünktlich. Überraschenderweise gibt es in diesem Zug, wahrscheinlich kein Einzelfall, auch ausreichend dimensionierte Gepäckablagen, wie sie die Deutsche Bahn früher auch kannte. Die hat sie aber dem Zeitgeist geopfert, der anscheinend nur mit Zahnbürste und schwarzer American Express reist. Letzter Aspekt der Lobhuddelei auf die französische Staatsbahn, wenn ich nicht irre, ist die Informationspolitik während der Fahrt, die recht eindeutig war und den nächsten Halt frühzeitig ankündigte. So was freut mich immer irre, erspart es einem doch dieses völlig uncoole, aber todsichere Aufstehen fünf Minuten vor der avisierten Haltezeit.
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17. Etappe: Molsheim – Barr
Früh gings los. An Kanälchen vorbei durch Weinberge und Obstwiesen gewandert und bis auf den fehlenden Sonnenschein war alles gut. Ich hatte im Hotel gut geschlafen und auch das Businesskasper-Gequatsche hat mich nicht weiter runtergezogen, weil ich ja Pause davon habe und erstmal raus bin. Und über die Wiedereingliederung mach ich mir Gedanken, wenn es soweit ist. ☺ Die Businesskomponente des Hotels hatte deutlich mit der Lage am Rande des Industriegebiets zu tun, die gleichzeitig auch eine Innenstadtrandlage ist, was ja in kleineren Städten nicht sooo schwierig ist.
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16. Etappe: Strasbourg – Molsheim
Es hatte etwas abgekühlt, aber es hieß nun Abschied nehmen von dieser interessanten Stadt. Und weil es abgekühlt hatte, hab ich mich auch entsprechend warm angezogen. Zwiebelschalenprinzip. Und es ging am Canal de Bruche heraus aus der Stadt, aber bereits nach einer halben Stunde war Schluß, weil ich mich wie das bekannte Gänseblümchen entblättern mußte. Es hatte zwar abgekühlt, aber es war eben nicht mehr kalt. Und so stand ich da, mitten im Berufsverkehr, barfuß und in U-Hose, dabei die lange Odlo und den Fleece zu verstauen und war richtig froh, weit weg von daheim zu sein. Nicht auszudenken, wenn das jemand gesehen hätte. Weiterlesen
15. Etappe: Gengenbach – Straßbourg
Die Fahne ist vorerst in Sicherheit. Ich habe sie außer Landes geschafft und bin nun in Strasbourg, Frankreich. Ich schreibe vorerst in Sicherheit, weil die französische Regierung nach wie vor den Ausnahmezustand aufrechterhält und damit wesentliche Bürgerrechte außer Kraft gesetzt hat. Das ist einen Schritt weiter, als in der Heimat. Aber auch dort spitzen sich die Verhältnisse zu. Die Faschisten gewinnen an Zulauf und die nationalkonservativen Kreise bis hin zur rechten Sozialdemokratie versuchen diesen Zulauf zu stoppen, indem sie deren Politik machen. Die Repressionen werden größer, weshalb ich vor nunmehr 14 Tagen los bin, getarnt als Jakobspilger – bei diesem harmlosen Katholizismus sind die Behörden weniger mißtrauisch – um die Fahne der Organisation, die uns so viel bedeutet, in Sicherheit zu bringen…
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14. Etappe: Zell am Harmersbach – Gengenbach
Ich gucke aus dem Fenster und es regnet nicht. Zeichen und Wunder. Die Regenhose weit weg gepackt und die Regenjacke zwar in Griffweite am Rucksack, aber eben nicht am Mann. Und zunächst geht das streckenmäßig auch gemütlich und trocken flußaufwärts ins Tal. Die Ortschaften sind durch die Holzwirtschaft geprägt, obwohl in Nordrach mit der Junkergroup, ein anscheinend bärenstarker Maschinenbauer in Sachen Schleiftechnik, unterwegs ist. Der Ort ist trotzdem Luftkurort, was wohl auch zumindest noch halbwegs funktioniert, wovon die Horde nordic-walkender Senioren Bände sprechen könnte.
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13. Etappe: Haslach – Zell am Harmersbach
Ich kam im Regen an und im Regen bin ich wieder gegangen. Nach einer schlaflosen Nacht, die der weiteren Reiseplanung geschuldet war, ging es also eher schlechtgelaunt los. Der Ort selber ist recht nett, alte Häuser, gepflasterte Gäßchen und Plätze auf denen Cafes ihre Stühle platziert haben. Aber ich wollt nur noch weiter. Vielleicht wartet ja hinter dem nächsten Berg die Sonne auf mich. Dazu verlasse ich das Tal der Kinzig um mit ein paar Schlenkern durch kleinere Seitentäler schlußendlich nach fünf Stunden durchweicht in Zell am Harmersbach einzulaufen.
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