Das erste Mal werde ich wach, liege rum, orientiere mich und frage mich, was ich hier eigentlich tue? Ich bin seit gestern abend in meinem Hotelzimmer, weil es entschieden zu kalt ist im Straßencafe zu sitzen und hab deutsches Fernsehen (Digitalisierung sei Dank) geguckt. Das hätte ich irgendwie zuhause auch haben können. Ich bin echt unzufrieden und will jetzt Wärme und auf der Straße, auf dem Campingplatz, im Cafe oder wo sein, aber nicht in einem Hotelzimmer. Dabei ist das Zimmer gar nicht so übel und der gestrige Tag war ja auch nicht schlecht, also reiß ich mich mal zusammen und gehe frühstücken.
Wenn in Deutschland von einem Frühstücksbuffet die Rede ist, geht es vorzugsweise um die Sortenvielfalt auf der Wurst- und Käseplatte, sowie dem unvermeidbaren Lachs, in edleren Häusern findet sich auf der Fischseite schonmal Rollmops oder Bratheringshappen (for the day after). In Frankreich geht es stattdessen um eine größtmögliche Auswahl an Mehlspeisen. Kuchen aller Art oder Crepesbeutelchen mit Apfel gefüllt und Pfannkuchen. Auch lecker, aber ich bin auf Kuchen eher nachmittags konditioniert, nicht in aller Herrgottsfrühe. Hilft aber nichts, weshalb ich mal was ausprobiere und ab heute ein Fan dieser Crepesbeutelchen bin. Echt lecker.
Dann gehts bei Sonnenschein und guter Fernsicht weiter Richtung Westen und ich habe einige tolle Blicke in die Schweizer Alpen. Berge, also richtige Berge, haben einfach etwas Erhabenes, haben etwas ganz Großes, was mich immer wieder beeindruckt und den Tag mit dem Blick in die Berge beginnen zu können, vertreibt Kummer und Sorgen. Ich ziehe dann weiter, zwischendurch graupelts und die Wege werden immer schlammiger. Als ich dann auch noch durch einen Abschnitt komme, wo es Schneebruch wie blöd gegeben hat, den aber auch noch niemand beiseite geräumt hat, damit ich da durch kann, wirds echt abenteuerlich. Unter Baumstämmen durch, über Baumstämme drüber, um Baumstämme herum und überall Schlamm und aufgeweichter Boden. Ich sehe schnell aus, als ob ich in Tarnfleck unterwegs bin, weil ein Teil des Weges an meinen Klamotten klebt. Das hat er jetzt davon.
Ich hoffe, insbesondere nach der Schlammschlacht, ein wenig auf eine ähnlich coole Mittagspause wie gestern, was aber leider enttäuscht wird. Streckenführung und Landflucht leisten ganze Arbeit. Einen Ort mit Metzger und Bäcker, aber nicht einer mehr mit Gastronomie. Was bleibt ist eine Pause in einer überdachten Bushaltestelle und ein paar Schluck Wasser. Und irgendwann bin ich dann auch an meinem Ziel, das ich zusammen mit einem Pärchen aus VS erreiche, die seinen Geburtstag mit ein paar Tagen Jakobsweg feiern. Das Ziel heute ist das Benediktinerinnenkloster Bellemagny. Das Thema Kloster schreckt mich nach dem gelungenen Auftakt in St. Marc nicht mehr und so gehe ich das auch hier optimistisch an. Zunächstmal stehen wir jedoch vor verschlossener Tür. Es ist gerade Messe. Also warten. Dann geht was und ich bekomme mein Zimmer zugewiesen. Einzelzimmer, WC und Waschbecken inklusive. Herz, was willst du mehr? Nun ja, da wäre noch… Nein, passt schon und für eine Nacht kann ich auch mit Tapeten, die sich von den Wänden lösen und Spinnweben leben. Aber das Teil hat definitiv schon bessere Zeiten gesehen. Aktuell leben in dem reichlich großen Komplex noch 15 Schwestern und eine wichtige Einnahmequelle sind die Renten der Schwestern im Ruhestand. Das alles erfahre ich nach dem Abendessen im Gespräch mit einer niederbayrischen Schwester, die es ins Elsaß verschlagen hat. Es war insgesamt ein interessantes Gespräch bei dem auch klar wurde, daß das Management der Immobilien und Einrichtungen schon die spirituelle Seite der Veranstaltung in den Hintergrund drängt, eben weil es nicht nur um Geld, sondern auch um Nachwuchsgewinnung geht. Sonst ist nämlich eh irgendwann Schluß, was für Senioren und Andersbegabte, die dort betreut werden, bestimmt auch doof wäre. Ich hatte nämlich den Eindruck, daß die sich da ganz wohl fühlen.
Abendessen gabs um 18:30h, das Gespräch war um 20:00h vorbei, ich schreib das jetzt noch zuende und dann gehts in die Heia. Morgen gibt es nämlich um 7:00h Frühstück, weil um 7:30h Andacht ist. Aber nicht für mich. Ich bin dann schon wieder unterwegs, weil mein Papa schon immer gesagt hat: „Ein ehrlicher Blick zum Himmel ist mehr wert als ein falsch Gebet.“ In diesem Sinne den Frieden der Nacht.
Klaus! Am 1. Mai kann ich einfach nicht anders, als an dich denken!
Dicken Drücker aus dem Siegerland. Ich hoffe, dir scghien heut auch irgendwann die Sonne wärmend ins Gesicht!