Nach einem üppigen Frühstück gings bei ziemlich frostigen Temperaturen los. Und es wurde eine schöne Tour, über weite Strecken entlang des Sentiers de Grand Crus, also der großen Weinlagen. Und es gab nicht nur große Lagen, sondern auch herrliche Weitsicht bis hin zu Schwarzwald und Kaiserstuhl. Ich war also rundum zufrieden und ging meines Weges, als urplötzlich eine Horde Selbstoptimierer an mir vorbeikeuchte und weil die alle Nummern am Leibchen hatten, war mir klar, daß es um einen Wettbewerb gehen mußte. Während in früheren Zeiten der Jogger oder die Joggerin das alleine oder in kleinen Gruppen, jenseits des Wettbewerbs, und für die eigene Fitness unterwegs war, hat nun auch hier die Wettbewerbsökonomie Einzug gehalten. Niemand joggt mehr, sondern es wird trainiert. Und so ist aus dem Trim-dich-fit Gedanken der siebziger Jahre über das Joggen der 90er, vielleicht noch der 2000er Jahre, dieses mindestens Halbmarathon-Gedöns geworden. Mit Ranglisten und Bestzeiten und all dem was zu einem Wettbewerb gehört. Ich war drauf und dran gutes Wetter und das Panorama für einen weiteren Gedankengang zur Ökonomisierung der Lebenswelten sausen zu lassen, als die Subversion fröhliche Urstände feierte. Irgendeine dritte Mannschaft (ohne hier irgendeiner dritten Mannschaft zu nahe treten zu wollen. Ihr wisst, wer ihr seid!) hat der Ökonomisierung die Spitze gebrochen und war mit Kind und Kegel gehenderweise und bester Dinge auf der Wettkampfstrecke unterwegs und kassierten den meisten Beifall. Ich hab im übrigen auch ein wenig Applaus bekommen, weil ich gegenläufig und ja nun auch deutlich langsamer als die Selbstoptimierer unterwegs war. Gut hat das getan.
Die Wanderung führte weiter durch die Weinberge und einige pittoreske Dörfchen. Ausnahme war Kaysersberg, wo ein Mittelalterfest, bzw. ein Fest der Rollenspieler, die Mittelalterspiele spielen (Das hört sich auf französisch flüssiger an. Ähhrlisch) stattfand. Das verführte beim Schlendern durch das mittelalterlich anmutende Dörfchen schon zum Nachdenken drüber, ob früher nicht alles besser war. Einfache Rollenmuster. Du gut. Ich böse. Gewalt völlig legitim und beichten erledigt jede Schuld. Ich war relativ schnell geheilt, aber ob die Menschenmassen, die sich durchs Dörfchen, das übrigens ehemals freie Reichsstadt und Geburtsort von Albert Schweitzer ist, wältzten am Abend auch zur Besinnung gekommen sind, weiß ich nicht. Ich hoffe es aber.
Neben all den Events, die ich heute durchlebte, war der wiedereinsetzende Regen eine halbe Stunde vor Erreichen der Unterkunft echt n schmales Brett. Regenschutz über den Rucksack und die Regenjacke über den Klaus und weiter gings. Der Zielort liegt in der Nähe von Colmar, was ja nun auch ein wenig größer ist. Das brauch ich aber nach Straßbourg erstmal nicht mehr, weshalb ich im Örtchen unter bin. Außerdem ist Sonntag und da kommt Tatort… Es gibt Dinge, die bleiben.
Hallo Klaus, du schreibst so witzig das ist einfach toll. Es macht Spaß deinen Weg zu verfolgen. Beim geniesen bin ich oft im Gedanken bei dir. Moni möchte immer wenn es regnet oder kalt ist am liebsten das Wetter ändern. Mal sehen was noch alles so kommt.