Aus anhaltendem Protest gegen die Unsitten der französischen Gastronomie verweigere ich das mit 12 Euronen deutlich zu teure petit dejeuner und versorge mich im kleinen Sparmarkt, den ich gestern schon gesehen hatte. Beim Bäcker bleibt mir das Herz stehen, weil der zu hat. Ahhh, wir haben Montag und montags ruht das Geschäftsleben in Frankreichs Süden. Es haben nicht alle zu, aber viele und ein System ist nicht zu erkennen. Aber eine offene Bäckerei finde ich noch und kann gemütlich am Kirchplatz frühstücken und zwar mit gekochtem Schinken und Tomaten aufm Baguette und Obst. Lecker und für mittags blieb auch noch was über.
Gegen neun gehts dann endlich los, was aber kein Problem ist, weil das Gelände immer flacher wird, die Wege nicht mehr verschlammt sind und ich flott vorankomme. Es gibt noch Weinberge, aber auch viel Monokultur namens Mais, was nicht so dolle kommt. Da gibt eine kleinteiligere Bewirtschaftung fürs Auge und die Ökologie mehr her. Ob und wie sich das für die Bauern lohnt, wäre mal anzuschauen. In Deutschland gilt ja immer noch die Losung des Bauernverbands, daß es die schiere Größe bringen muß. Und ich glaube nicht, daß es das ist. Der Hofreiter, Anton hat ja ein Buch zur Fleischindustrie geschrieben. Ich denke, daß lese ich. Habe ja gerade auch Zeit für sowas.
Gegen halb vier bin ich im Zielort und der Camping liegt so wie er soll. Geöffnet hat er auch. Das Zelt aufgebaut und wieder mal gestaunt, wie lange sich Feuchtigkeit in einem verpackten Zelt hält. Ich hatte ja bereits vor ein paar Tagen mal das noch ein ganz klein wenig taufeuchte Zelt eingepackt, weil ich loswollte. Nun pack ich das wieder aus und stelle fest, daß von der Restfeuchte nichts verdunstet ist. Naja, die starke Sonne bretzelt das in ner viertel Stunde weg und bei diesem ultraleicht Plastikzeug kann es gar keine Stockflecken geben, weil da nichts lebt.
Nun hock ich vor meinem Zelt auf der Erde und wünsch mir einen Stuhl. Ich hab da auch schon was im Auge, aber die Rezeption ist noch besetzt. Was mir bislang auf dieser Reise als die wichtigsten Erfindungen der Menschheit vorkommen, sind übrigens Serpentinen und Stuhl. Beides ganz prima Sachen, die man auch erst wieder schätzt, wenn sie fehlen. Essen und Trinken find ich auch ganz prima, weshalb ich mich jetzt Mal auf den Weg mache.
Und weil Montag ist, fällt die Auswahl nicht schwer und ich bekomme auch ohne Reservierung noch einen Platz, obwohl seltsamerweise viele Tische als reserviert ausgewiesen sind. Das Warum wird mir dann klar, als ich auf dem Bildschirm die Ankündigung des Achtelfinale sehe. Die Engländer gegen Island und eine Reihe englischer Urlauber und Touristen wollen das Spiel wohl im Pub, äh der Brasserie sehen. Schön, sowas gefällt mir ja. Genau wie das Kneipenessen. Ich habe mir mal ein Herz genommen und Confit de Canard mit Pommes und Salat bestellt. Ein recht typisches Kneipenessen für die Region, so wie bei uns Bratwürste mit Kraut oder Kotelett mit Kartoffelsalat. Ich bin dem bislang immer aus dem Weg gegangen, weil das Confit eigentlich eine Konserve ist. Die Ententeile werden im eigenen Fett konserviert und bei Bedarf wird die Dose aufgemacht, das Fett abgekratzt und die Ente in der Pfanne gebraten. Für das überschüssige Fett müssen dann die Pommes herhalten, denk ich mir immer. Muß ja nicht stimmen. Und es war saulecker, so wie so ein Kneipenessen sein muß. Einfach, ehrlich, herzhaft und sättigend. Das war ich dann auch und quasi mit dem letzten Bissen fiel das Tor für die Engländer. Drops gelutscht und auf gehts zum fröhlichen Schlachtfest. Auch die englischen Gäste waren wohl der Meinung, als einen Lidschlag später das 1:1 fiel und ich, wer mich kennt, weiß wie das ist, meiner Freude lautstark Ausdruck verlieh. Nicht das ich ausgewiesener Islandfan bin, aber ich hab nun mal ein Herz für Underdogs und Außenseiter. Die Engländer in der Brasserie quittierten den Freudenausdruck jedenfalls nicht mit Wohlwollen. Da ich aber keinem bösen Blick auswich und ja neulich erst beim Friseur war, blieb die Situation, auch weil die ja ihre Frauen und Kinder dabei hatten, fast entspannt. So entspannt, daß viele nach dem 2:1 bezahlten und gingen . Ich habs bis zum Ende geschaut und mich an einer kraftvollen, systematisch und miteinander spielenden Mannschaft gefreut.