Nun sitz ich hier und eigentlich gibt es nichts zu erzählen. Eine knapp vierstündige Wanderung über 17km durch nieseligen Regen. Von den Äußerlichkeiten her also nichts, was wirklich erwähnenswert wäre, wenn, ja wenn ich nicht das erste Mal das Gefühl gehabt hätte, daß ich mich an den Regen gewöhnt habe. Das sollte jetzt für jemanden, der im Siegerland, einer der regenreichsten Gegenden in Deutschland, geboren ist, nicht verwundern, aber ich gebe dabei zu bedenken, daß ich mich bestimmt 40 Jahre lang nicht mehr freiwillig so lange und so intensiv dem Niederschlag ausgesetzt habe.
Darüber sinnierend, kam mir in den Sinn, daß ich bei Regen weniger Fotos mache. Aha, dachte ich, da tappe ich also auch in die gute, alte Urlaubsfalle. Im Urlaub nur gutes Wetter, eine Grundvoraussetzung für eine gelungene Auszeit und die altmodischen Kasper mit dem Spruch „Gibt kein schlechtes Weter, gibt nur schlechte Kleidung“ waren ja von vorgestern. Irgendwie scheint sich das tief in meine Synapsen eingegraben zu haben, aber nun komme ich dem im Nieselregen auf die Spur. Gut so, im Klimawandel.
Als sich die Gedankenschraube weiterdreht, komme ich nochmal auf das Thema der Genügsamkeit, bei der ich das Selbst mittlerweile gestrichen habe. Da ich gerade weder wütend noch unzufrieden bin, versteige ich mich dazu, den Gedanken zu pflegen, daß Glücksempfinden auch etwas damit zu tun haben muß, aus dem was ist, was Positives zu ziehen, ziehen zu können. Also der banale Punkt, daß es gerade gar nicht besser sein kann. Das wiederum kann so nicht stimmen, weil ich es mir ja schon ohne Regen auch ganz gut vorstellen kann.
Dann geht es also nicht so sehr darum und ist deshalb auch keineswegs damit zu verwechseln, sich in einer Situation einzurichten, sondern die Genügsamkeit ist die Stärke aus sich heraus eine Situation zu genießen und morgen wieder an ihrer Optimierung zu werkeln, wobei mir das beim Wetter schwerfallen wird. Ach so, der Gedanke den eingeschlagenen Weg hintendranzugeben und Richtung Cote d‘ Azur oder Algarve zu fahren ist mir noch nicht gekommen. Dafür bleibt es hier zu interessant.
Mit alldem komme ich nach Montbrison, wo ich mir mal wieder ein Hotel gegönnt habe, erstens weil ich Wäsche waschen muß und dafür eine wenigstens halbwegs funktionierende Heizung brauche und zweitens, weil ich mal wieder ein Zimmer inkl. Bad und WC für mich alleine haben will und drittens, weil es da einen Fernseher gibt. Und so bin ich gegen Mittag bereits am Ziel, ziehe mir noch ein Döner, checke ein, dusche, wasche die Klamotten raus, drapiere die um die völlig unterdimensionierte Heizung und liege arteschauenderweise auf dem Bett. Arte nicht etwa, weil es die erste Wahl wäre, aber da kann ich den Sprachkanal auf Deutsch einstellen und verstehe wenigstens was. Ein herrlicher Nachmittag mit ein wenig dösen.
Gegen Abend mache ich mich dann auf den Weg, die Stadt anzuschauen. Allerdings nieselt es immer noch, was die Cafes spärlich besetzt sein läßt und beim Studieren der Speisekarten zeichnet sich auch kein Favorit ab. Aber es gibt eine Fromagerie, was dann den Ausschlag gibt. Die Verkäuferin macht einen netten Eindruck, trete ich ein und bekomme eine schöne Scheibe der hiesigen Sorte, einem dezent mit Blauschimmel versetzten recht jungen Käse, der also wenig intensiv, dafür aber zum Hinterherschmecken geeignet ist. Der Metzger verkauft mir eine Tranche Pate, die Gemüsefrau Nektarinen, Tomaten und Zwiebeln, der Bäcker ein Baguette und der Weindealer einen Saumur-Champigny von der Loire, wo ich ja noch rumdümpel. Das Anbaugebiet liegt zwar deutlich weiter im Norden, aber sei es drum. Und so gibt es eine Zimmerparty mit einem arte-special zur Geschichte des Iran. Ich hätte mir auch was anderes vorstellen können, übe mich aber in Genügsamkeit.