34. Etappe: Beaune – Chagny

Pommard, Meursault und Montrachet. Welch klingenden Namen im Ohr eines Weinliebhabers und welch unwürdiger Rahmen der Begegnung mit diesen erstklassigen Lagen und Weinen. Es regnet nämlich wieder. Der Himmel zeigt sich in wechselnden Grautönen und auch der Trick, daß es dahinten ja schon wieder heller wird, funktioniert heute nicht. Trotzdem muß ich mir die Weinberge, oder besser gesagt die Weingärten etwas genauer anschauen. Die Weinstöcke sind deutlich kürzer gehalten als in den deutschen Anbaugebieten. Die Stöcke haben eine Höhe von etwa 40cm und sind bereits so früh im Jahr relativ stark ausgegeizt. Hoffe ich, oder aber da ist eine ganze Menge schlicht erfroren, was ja schade wäre. Auch wegen der Arbeit, die auch bei diesem widrigen Wetter von vielen Menschen in diesen Weinbergen geleistet wird. Die Sorgfalt zu beobachten mit der die einzelnen Stöcke angeschaut und bearbeitet werden, die Geradlinigkeit mit der die Linien aufgespannt werden, zeugen von der Leidenschaft mit der auf relativ kleiner Fläche hochwertige Weine erzeugt werden, die zwar ob des Terroirs schon gute Vorraussetzungen mitbringen, aber ohne die Arbeit im Weinberg und im Keller, was in Frankreich durchaus zwei unterschiedliche Professionen sind, kann das trotzdem auch Plörre werden.

In Meursault, einer Weißweininsel im Rotweinmeer, mache ich eine Kaffeepause, um mich aufzuwärmen und ein wenig anzutrocknen. Der Ort liegt reizend auf einem kleinen Hügel und ist auch sonst recht ansehnlich. Das Cafe wird von zwei jungen Damen betrieben, denen die Aufgeregtheit der Existenzgründerinnen noch anzumerken ist. Bonne Courage den Beiden. Als ich mich wieder auf den Weg mache, kommt von hinten ein sattes „On yer way to Santiago?“ und ein Fahrradfahrer mit Anhänger fährt neben mich. Im Weitergehen frag ich ihn, ober er denn auch dahin will und er antwortet, daß er Richtung Barcelona unterwegs ist. Wir wünschen uns gegenseitig einen guten Weg und besseres Wetter und dann radelt er auch schon weiter.

Es sind diese kurzen Begegnungen, dieses wo willst du hin, wo kommst du her, die mir ein Gefühl dafür geben, sich zusammen mit anderen Menschen bzw. die meiste Zeit alleine, anachronistisch langsam auf diesen langen Weg gemacht zu haben. Und die mir dann auch wieder die Überlegungen zum größer werdenden Raumwiderstand in postfossilen Zeiten klarmachen. Heute finden wir einen Arbeitsweg von einer halben Stunde und 25km, gefahren mit dem Auto in Ordnung, geht jemand eine halbe Stunde zu Fuß auf die Arbeit, also etwa 2km, gucken alle komisch. Das wird wohl wieder anders werden, weil es ja auch noch nicht so fürchterlich lange her ist, daß die Menschen ne Stunde im Bus saßen oder mit dem Fahrrad gefahren sind, um zur Arbeit zu kommen.

Ich bin auf jeden Fall dann irgendwann auch mal am Ziel der heutigen Debatte angekommen und weil es über geteerte Radwege ging, müssen die Stiefel nicht geputzt nur getrocknet werden, wobei ich feststelle, daß die sich schon ganz bedenklich abgelaufen haben. Zumindest an genau der einen Stelle an der ich – keiner weiß wie – die Absätze all meiner Schuhe ablaufe. Aber noch gehts und die Pyrenäen sind noch weit. Nach einem kurzen Nickerchen guck ich mir die Stadt an und besichtige eine sehr alte Kirche in der mich eine Skulptur sehr fasziniert, weil eine gütige Muttergottes, von einem jungen Mann (Jesus?) auf einem Schild getragen wird. Das der junge Mann da auch Flügel hat, ist nicht so wichtig, denke ich. Wichtig ist, wer oben steht. Das mir das Bild im Marienmonat Mai, dem sicherlich weiblichsten Monat im Kirchenjahr, begegnet ist dabei Zufall. Ich bin übrigens in Chagny und wer Gelegenheit hat, kann ja selber mal gucken gehen.

Ich sitz nun im Restaurant des Campingplatzes und schreibe, genieße dabei ein Glas Aligote, einer autochthonen Traube aus dem Burgund, die mir mächtig behagt, weil sie ein wenig sperrig und von eigenwilliger Eleganz ist, bzw. sein kann, wenn man sie anständig behandelt. Aufgeregt bin ich auch ein wenig, weil ich morgen nach Dijon fahren werde und mich mit meiner Liebsten treffe, um die Woche um meinen 50. herum gemeinsam zu verbringen. Immerhin bin ich nun schon fast sechs Wochen unterwegs. Und es wird dann weiter gehen!

7 Gedanken zu „34. Etappe: Beaune – Chagny

  1. Ooooh ich hoffe dir scheint bald die Sonne mit wanderschönen Temperaturen…..aber jetzt wünsch ich die erstmal ne kuschelige Zeit mit M. ….Grüß sie lieb von mir….

  2. Hi Klaus,
    ich verfolge mit grosser Sympathie und Interesse deine Reise. Von hier aus wünsch ich dir mit Marion eine schöne Zeit en France:)
    Allerbeste Grüße vom Wolle

  3. Servus Klaus,
    haben schon mit Marion telefoniert, sie ist ja schon auf dem Weg zu dir. Wir wünschen euch eine gute Zeit und passen derweil auf euer Haus und den Weinkeller auf (ha, ha).

  4. Chapeau mein lieber Klaus! Toller Blog und tolle Leistung und dass es jetzt schon so lange ist….. Hammer!
    Liebe Grüße an Marion und eine schöne Zeit zu zweit.
    Ich freue mich schon auf die nächsten Einträge.
    Solidarische Grüße
    Holger

  5. Lieber Klaus,
    wer hätte gedacht, dass ich Sozialnetzunterbelichteter noch zum Blog-Leser werde? – Dass es mit solcher Freude geschieht, ist Deiner wunderbaren Schreibe zu verdanken. Es ist toll, so an Deinem Weg teilhaben zu können.
    Ich wünsche Dir eine schöne Zeit mit Marion und ab sofort und _nachhaltig_ 😉 besseres Wetter!

  6. Hallo KIaus, kein Kommentar zur Strecke.
    Ich wünsche Dir auf diesem Wege alles erdenklich Gute zum Geburtstag.
    Glück, Gesundheit und Zufriedenheit mögen Dich begleiten auf Deiner Reise und in Deinem nächsten Lebensjahr.
    Lass es Dir gut gehen und grüße auch Marion von mir.

    Alles Liebe

  7. Weiter, immer weiter, unaufhaltsam, voran …
    Es wird nicht mehr lange dauern und ich werde Dich in Euskal Herria begrüßen können!
    Habe während all der verregneten Tage mit Dir gelitten und mich erinnert, wir wir im Juli vor zwei Jahren auf unseren Rädern in Andalusien gefroren haben wie die Schneider. Zum Glück sieht es ganz danach aus, dass Du Dich beim weiteren Fortgang eher über zu hohe Temperaturen wirst beklagen müssen.
    Jetzt lass´ Dich aber erstmal drücken zum rundesten aller Geburtstage. Werde heute Abend ein Gläschen Txakoli auf Dich trinken. Liebe Grüße auch an Marion.

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