Ich gucke aus dem Fenster und es regnet nicht. Zeichen und Wunder. Die Regenhose weit weg gepackt und die Regenjacke zwar in Griffweite am Rucksack, aber eben nicht am Mann. Und zunächst geht das streckenmäßig auch gemütlich und trocken flußaufwärts ins Tal. Die Ortschaften sind durch die Holzwirtschaft geprägt, obwohl in Nordrach mit der Junkergroup, ein anscheinend bärenstarker Maschinenbauer in Sachen Schleiftechnik, unterwegs ist. Der Ort ist trotzdem Luftkurort, was wohl auch zumindest noch halbwegs funktioniert, wovon die Horde nordic-walkender Senioren Bände sprechen könnte.
Ich mach mich nach links bergauf von dannen, mittlerweile mit Regenjacke, weil es vorm Ort angefangen hatte zu nieseln und ich zunehmend in den Wolken gestanden habe. Und es ging munter weiter bergauf, was mich nicht juckte, weil der Streckenplan phantastische Aussichten übers Rheintal bis an die Vogesen versprach. Als ich dann ober war, und am Teufelsfelsen stand, konnte ich zumindest die Ebene sehen, aber die Vogesen blieben verborgen. Das sind so die Augenblicke an denen ich mich schon frage, ob das jetzt wirklich so ne gute Idee ist, bei Wind und Wetter zu Fuß durch die Pampa zu latschen. Und nun regnets ja schon ein paar Tage, was langsam nervt. Und dann sitz ich da an diesem Aussichtsfelsen und denke mir, daß es das ja eigentlich ist. Eben zurückgeworfen sein auf die Langsamkeit der Fortbewegung per pedes und ausgeliefert an Wind und Wetter. Um dann hinterherzuspüren, was übrigbleibt. Was bleibt von Gestaltungswille, wenn es nichts zu gestalten gibt? Was bleibt von Kreativität und Ideen, wenn die beim Wetter auch nichts helfen? Nichts. Es hilft nur demütiges Weitergehen bis zum Ziel. Und evtl. ist dieses Demut-Thema, diese Fähigkeit Dinge hinzunehmen, eine erste Lektion. Das ist nämlich etwas anderes, als sich eine Situation schön zu reden und sie erträglich zu machen, was mehr mit Lethargie zu tun hat. Es geht vielmehr um die Kompetenz mit gegebenen Randbedingungen umzugehen. Eben das beste draus machen.
Mit diesem Gedanken und einem Fußballhit auf den Lippen (Auf steigen wir, auf steigen wir, in die Zweite Liga, Liga steigen wir…) geht es dann fast zügig bergab gen Gengenbach. Noch was zum Lied: Meine Würzburger Kickers stehen derzeit auf einem Relegationsplatz zur zweiten Liga. Als Aufsteiger. Eigentlich will ich das nicht, weil ich erstens nicht da bin und zweitens kein großer Freund von Bundesligafußball bin. Aber es kommt, wie es kommt und natürlich werde ich hingehen, wenn ich wieder da bin. Ist das Demut oder Vereinsliebe? ?
Gengenbach ist dann der Hammer. Echt ein superschönes Städtchen, das landschaftlich super liegt und Weinberge, Rheinebene, Kinzigtal und Schwarzwald auf einen Blick bietet. Und man merkt an Speisekarten, Weingestaltung (hier gibts lieblich!!!) und dem Brot, daß Frankreich naht. Ich freue mich drauf, fast zwei Monate durch Frankreich zu gehen, auch wenn die Reiseorganisation ob der Sprachhürde nun schwieriger wird. Aber das ist alles zu schaffen. Morgen gehts dann nach Straßbourg.
Lieber Klaus, ich habe so lange nicht gelesen, und du hast mir gerade eine so vergnügliche wie informative halbe Stunde beschert, dass ich kurz danke sagen will. Danke und mach nur so weiter! Ich schick dir Sonnenstrahlen, wenn ich welche finde! G+K
Schön zu lesen, wie Du die Etappen aus der Sicht einer Kulturregion, Genussregion und Wirtschaftsregion beschreibst. Bin gespannt, wohin sich Deine Wahrnehmung mit zunehmender Dauer verschiebt 🙂