Nun bin ich mitendrin im Schwäbischen. Konnte ich mir gestern abend noch vormachen, daß das Hohenloher Land eigentlich fränkisch ist, obwohl es das Schwäbische im Namen führt, zu BaWü gehört und es schon Spätzle gibt, hat sich das nun erledigt. Ich rücke immer näher ans schwäbische Kernland heran, habe heute auch das Hohenloher Land hinter mir gelassen und bin an Murr und Rems gelandet.
Dabei soll nicht unerwähnt bleiben, daß ich das Glück hatte an einem Samstagmorgen in Schwäbisch Hall loszugehen, weil es am Fuß von St. Michael wohl einen der idyllischsten Wochenmärkte der Republik zu erleben gilt, was ich zumindest mit den Augen auch getan habe. Dann gings stadtauswärts über die Brücke Richtung Würth-Museum/Sudhaus und einer schönen Begegnung. Von hinten mit einem lauten „Buen Camino“ angesprochen werden, dich rumdrehen und merken, da ist ein Bruder im Geiste, war eins. Ein junger Bursche in Malerklamotten hatte gerufen und wir haben ein paar Worte gewechselt, ein paar Themen ausgetauscht, wie es wohl nur Glatzen mit Ohrringen und ein bißchen Ska im Blut hinkriegen. Ich hab mich jedenfalls mächtig gefreut und bin dann bergauf durch eine Allee aller Antifa-Spuckis/Aufkleber der letzten Jahre gegangen. Da wohnt wohl jemand, der ab und an mal auswärts fährt. Mich hats in meiner Laune bestärkt und die Partisanen vom Amur waren für die nächsten Kilometer das Lied auf meinen Lippen.
Aber dann: Ein Ortsschild namens Rosengarten und der Ohrwurm des Tages ging schlagartig an Lynn Andersons Welthit „Rose Garden“. Träller. Den ganzen Tag. Derweil hieß es landschaftlich Abschied nehmen vom Kochertal und Eintauchen in deutsches, bewaldetes Mittelgebirge, was etwa fünf Stunden dauerte. Wenig eindrucksvoll – bis auf einen recht bizarren Abstieg – und irgendwie austauschbar. Und als ich nach insgesamt etwa sieben Stunden Gehzeit in meinem heutigen Quartier eingelaufen bin, wars auch gut. Unter bin ich heute in der Jugendherberge Murrhardt, weil sich das so angeboten hat und alles ja auch ein wenig budgetiert werden muß. Zum Zelten isses aber noch zu frisch und bevor ich kulinarisch darbe, gehe ich lieber zur Urmutter aller backpacker-hostels, dem Deutschen Jugendherbergswerk.
Ich bin dann ins Städtchen gelaufen und hab mich um geschaut; bin ja nicht zum Spaß hier und im schwäbischen Kernland. Dabei ist ein erstes Vorurteil geplatzt. Das sah alles nicht so geleckt aus, als ob da den ganzen Samstagnachmittag gekehrt worden wär und die Häuser waren auch nicht durchgängig gerichtet und renoviert. Die werden doch nicht auch Strukturwandel-Themen haben? Sah auf jeden Fall so aus…
Gegessen hab ich dann auf jeden Fall prächtig und landesytypisch mit Fielderkraut, Rostbraten und Spätzle, Maultaschen, Kartoffelsalat (Wobei mir da klar geworden ist, daß für die Schwaben die Kartoffel keine Stärkebeilage, sondern ein Gemüse ist. Meine Bitte um mehr Kartoffelsalat wurde nämlich Richtung weniger Salat und nicht zu Lasten der Spätzle aufgelöst) und Schiller, sowie TL (so sagte der Einheimische am Tisch nebenan und bekam dasselbe wie ich: Trollinger mit Lemberger). Mehr kulinarische Exploration geht an einem Abend nicht, aber ich bin ja noch ein wenig im Schwäbischen unterwegs.
Das war dann auch erstmal für heute. Ich hoffe nur, daß sich dieser Abiturienten/Jungstudentenhaufen jetzt bald mal hinlegt und dieses Hobbyphilosophieren beendet. Waren wir früher auch so? Bestimmt nicht. Wir waren viel cooler ☺
Ach, noch was zum Schluß. Die Kneipe hatte weiße Resopaltische und keine Tischdecken (praktisch halt). Das Publikum bestand aus den Leuten die Samstags abend Essen gehen. 80. Geburtstag, Jungesellen zum Start in den Abend und Häuslebauer zum schnell wo was zu Essen bekommen, aber eben auch die wertegewandelten Ehefrauen und Freundinnen aus den sozialen Berufen (die wohl an jeweils einem aus der Handball-/Fußball- oder so Jugend ausm Ort hängen geblieben sind) und bei der Flüchtlings-Ini im Städtchen mitmischen. Nebenbei gings auch noch um Ferienwohnungen am Gardasee und Plastiktüten im Supermarkt. Es läuft nicht alles falsch in diesem Land.