3. Etappe: Uffenheim – Rothenburg ob der Tauber

Nach den mehr als dreißig Kilometern gestern, erschienen mir die 28 Kilometer der heutigen Strecke wie ein Klacks. Das kommt davon, wenn es wichtiger ist, welche Zahl vorne steht, als was das in Summe bedeutet. Egal, über nichtlineares Zahlenverständnis und die Ästhetik der Zahl philosophiere ich dann im Herbst weiter. Gutgelaunt bin ich also erstmal morgens in Uffenheim losgezogen und hab bei der Gelegenheit noch ein lauschig verschlafenes Städtchen anschauen können. Intakte Stadttore und mehrere alte Häuser… Asche aufs Haupt der Stadtentwickler und Tourist-Manager, die da noch keinen Bus mit deutschen Rentnern oder asiatischen Euro- Travelleren rangeschafft haben.

Und aus dem einen Stadttor raus, war ich sofort mittendrin. Große Felder, viel Gegend und sogar Rehe und Feldhasen, die sich am späten Vormittag nur durch mich, nicht aber durch die schweren Landwirtschaftsgeräte in 200m Entfernung gestört fühlten. Ich dachte mal, daß Wildtiere frühmorgens und im Schutz der Dunkelheit zum Äsen kommen. Scheint aber auch nicht mehr so zu sein, weil die Tierwelt anscheinend begriffen hat, daß der Landwirt auf dem Mördertrecker eher mit GPS und sonstwas beschäftigt ist und der Kerl, der die Jagdpacht bezahlt hat, maximal am Wochenende Zeit hat auf Bambi und Klopfer zu ballern. Was ist, wenn rauskommt, daß Tiere sich Wochentage merken können?

Unabhängig von dieser Frage fand ich es schön, so einer Rehherde (sagt man das so?) in der ferneren Heimat zugucken zu können, ohne nächtens aufstehen zu müssen. Und den Feldhasen fand ich beeindruckend schnell.
Was weiterhin Anlaß zur Sorge gibt, ist die Versorgungslage mit Speis und Trank und während es von Ochsenfurt nach Uffenheim ja quasi mit Ansage nix gab, stand ich auf der Tour zweimal vor verschlossener Tür. Das ist entschieden frustrierender, als zu wissen, daß es nichts gibt. Der eine Laden machte erst um 17.00h auf, was mir mittags nicht weiterhilft und der andere hatte wohl nur noch was mit Übernachtung. Blöd.
Interessant dagegen waren ein paar fahrende Lebensmittelhändler, die sich anscheinend der Versorgung der alternden Dorfbevölkerung angenommen haben, was vom Gemüse- und Blumendealer mit Kitzinger Kennzeichen bis hin zum rollenden Getränkeservice reichte, der allerdings nur Gebinde abgegeben hat. Damit war ich bei dem raus. Inwieweit diese rollenden Läden ein tatsächlich taugliches Geschäftsmodell für den ländlichen Raum sind, wäre eine Überlegung wert.

Diese Hochebene, die sich Gollachgau nennt, ist dann irgendwann durchschritten und das Taubertal scheint in der Ferne auf. Schön. Dann kann ja Rothenburg auch nicht mehr weit sein. Denkste, und weil ich mir nicht vorstellen kann, daß die Leute vor ein paar hundert Jahren für noch ne Kirche oder ein Naturdenkmal die Höllenschlenker hingelegt hätten, hab ich die Touristiker im Verdacht. Sollen die Honks dann doch wenigstens die Straßenschilder abschrauben. Wenn auf dem Straßenschild „ROTHENBURG o.T.“ 5 Kilometer steht, ich aber durch ein lauschiges Tal – nicht das Taubertal, sondern das Steinbachtal – und mit einem Schlenker hier und da noch zwei Stunden durchs – zugegebenermaßen idyllische – Gelände geschickt werde, will ich nicht wissen, daß ich quasi die ganze Zeit vorm Stadttor rumgeturnt bin.

Dann hab ich dem Plan aber noch ein Schnäppchen geschlagen und bin directement bei meinen Herbergseltern aufgeschlagen. Die sind nämlich was ganz besonderes. Rainer und Moni sind alte Kämpen, die als Betriebsratsvorsitzender und Betriebsrätin bei der AEG in Rothenburg ihre Schlachten geschlagen haben und denen ich dabei immer mal wieder zur Hand gehen durfte. Und so wurde es ein schöner Abend mit ein bißchen Politik und Tratsch, Fußball (Werder düpiert Real. Gibts das?) und lecker Essen, einer gelungenen Kombination aus Pasta, Blumenkohl und Ricotta. Schön, dass es so Freunde, GenossInnen, KollegInnen und Kumpelinnen gibt.