Bei bestem Wetter geht es kurz nach acht Uhr auf Schusters Rappen gen Meran. Die erste Etappe soll in Holzgau im Lechtal enden, was rund 7,5h reine Gehzeit bedeutet. Die Strecke beginnt ganz harmlos beim Parkplatz der Nebelhornbahn und fuehrt, nur langsam an Hoehe gewinnend, zur Spielmannsau an der Trettach entlang.
Ab der Spielmannsau stellt sich so langsam das Gefuehl ein, in den Bergen zu sein. Links und rechts Rinnsale, die wohl im Fruehjahr einiges mehr an Wasser fuehren. Aber nun ist alles gruen und leuchtet in der Sonne, also kein Gedanke an Schnee oder Schneeschmelze. Aber halt. An einer Stelle, die „Knie“ genannt wird, biegt man in den Sperrbachtobel, wo es noch reichlich Altschneefelder zu bestaunen gibt. Der Tobel wird nach obenhin breiter und gibt nach rund 4,5h Aufstieg den Blick auf die Kemptner Huette frei. (Schoen uebrigens, wenn die angegebenen Gehzeiten im Wanderfuehrer mal mit meiner Realitaet uebereinstimmen.) Huette heisst Einkehr. Es gibt Rahmkartoffelsuppe und n Masskrug von Apfelsaftschorle. Schwamm drueber, ein stolzer Sieg der Vernunft. Es sollte ja nun auch noch ein dreistuendiger Abstieg nach Holzgau folgen, der aber erstmal mit einem halbstuendigen Bergauf zum Maedelejoch begann.
Das Joch ist auch die deutsch-oesterreichische Grenze, was mich zu einer stillen Gedenkminute an all die emigrees bewegt, die ihre Heimaten weshalb auch immer verlassen muessen. Schoen war auch der Aufkleber der Antifaschistischen Aktion Koeln, der mitten auf dem Gummiadler des Grenzschilds prangte.
Aber dann begann er wirklich, der Abstieg. Nun habe ich fussballbedingt eine gewisse Abneigung gegens Absteigen, aber auch wandertechnisch ist das nicht meine staerkste Disziplin. Gehoert aber dazu, deshalb: kein Jammern und los. Die erste halbe Stunde gehts recht steil abwaerts, was sich dann legt. Nach der Unteren Rossgumpenalp ist es sogar ein Fahrweg, der fast zum Schlendern einladen wuerde, wenn es nicht schon ein paar gefuehlte Meter weiter, wieder bergauf geht. Es wird ein Mordsumweg durch den Wald gemacht, um den neugierigen Wanderer ueber die laengste Haengebruecke der Alpen oder so wanken zu lassen. Hoert sich vielleicht uncool an, aber ich fands toll. N richtig schoener Gimmick. Ich war trotzdem froh, als ich Holzgau dann 20min spaeter erreichte, im Hotel zur neuen Post eingecheckt bin und mich nun langsam auf den Abend einstimme.
Nun ist der Abend fast vorbei und die Wahl von Hotel-Restaurant unter einem Dach hat sich als richtig erwiesen. Das Restaurant ist Teil des Projekts Genussregion Oesterreich und bezieht einen Grossteil der Zutaten aus der Region. Jetzt koennt ich Alarm schlagen, weil Mais im Salat war, mach ich aber nicht. Kann ja sein, dass es da n Maisfeld gibt. Lecker wars trotz alledem, wenn auch Speckknoedelsuppe und Geroestl ein – ich sags mal so – arg kohlenhydratlastiges Menue darstellen. Auf den karamelisierten Kaiserschmarrn habe ich deshalb, trotz dringenden Anratens des Nebentischs, verzichtet. Die Combo bestand aus den fuenf Damen, die die Besatzung des Cafes Uta stellen, das ich am Nachmittag straeflicherweise ignoriert habe. Ein netter Haufen. Servicecrew at its best. Wer macht welche Schicht? Wer ist doof? Was ist angesagt und was nicht und: Wer mit wem? Ein schoener Ausklang des ersten Etappentages und nun guck ich noch n bisschen Fussball.