Nach einem üppigen Frühstück, zu dem es die Reste vom gestrigen Picknick und eine kalte Cola als Kaffeeersatz gab, konnte ich dann zügig los, weil sich das Zelt problemlos und trocken wieder im Rucksack verstauen ließ. Durchs Örtchen ging es Richtung Loire-Brücke und nachdem ich dieses Tal bereits vor zwei Tagen betreten habe, war das Überqueren dieses Flusses schon ein erhebendes Gefühl. Die Loire, die Weißweine, die Schlösser und all das, zog kurz an mir vorüber. Dann entfernte sich der Weg wieder vom Fluß und ich konzentrierte mich auf den Weg durch grüne Hügel mit weißen Charolais-Tupfern und gelegentlichen Weitblicken und Fernsichten. In St. Romain-la-Motte, begegneten mir dann auch wieder Weinberge und die Hinweise auf die Cote Roannais wurden zahlreicher. In der dortigen Bar-Tabac habe ich dann eine späte Mittagspause gemacht und die nette Bedienung fragte sogar nach dem Bezahlen, ob ich nochmal frisches Wasser für den Weg brauchen würde. Sowas finde ich auf dem Weg immer rührend, weil dieses Wasser aus den Friedhofskränen echt den Verdacht aufkommen lässt, da wäre was beigemischt, damit die Toten auch wirklich liegen bleiben. Schlimm. Da nehme ich doch lieber so ein Angebot an.
Es war nämlich wieder ein sonniger, warmer Tag, was nun schon der zweite Tag hintereinander war. Es wird langsam besser. Und als ich im Ziel war, schien die Sonne immer noch und als ich im Tourist Office nach dem Weg zu Unterkunft fragen wollte, rief die Kollegin nur quer über den Platz und aus der Restaurant-Küche trat eine rothaarige Matrone, die mich unter die Fittiche nahm, die Straße hochführte und mir in einem schönen alten Haus mein Bett in einem 12er Schlafsaal zeigte. Alles gut. Ihre Rolle war mir allerdings nicht ganz klar. Restaurantbetreiberin oder Herbergsmutter? Da ich im Resto auf die Speisekarte gelinst hatte, verzichtete ich auf das Pilgermenü und ruhte erstmal ein wenig.
Gegen Abend schaute ich mir den Ort an, der tatsächlich sehr pittoresk ist und machte mich auf den Weg ins Restaurant. Siehe da. Im Service die Herbergsmutter und die Frau vom Touristoffice, als ob das ganze Dorf von den Beiden plus der Köchin geschmissen wird. Naja, egal, wird schon so sein. Wichtig war das Entrecote vom Bio-Charolais mit Salat und Pommes de Terre. Ein sensationelles Fleisch, das derartig gut abgehangen war, daß selbst als Medium serviert nur eine leicht glasige braun-blaue Färbung und kein Blut zu sehen war. Butterzart und toll im Geschmack. Dazu eine Empfehlung des Hauses, ein kräftig ausgebauter Chardonnay, der den Fleischgeschmack umspielte und nicht, wie evtl. ein intensiver Rotwein, überlagert. Bei all dem Genuß hatte ich gar nicht vemerkt, wie ein Gewitter aufgezogen war. Es fing dann an, wie aus Eimern zu schütten. So kam ich dann auch unverhofft noch zu einem Zimmerkollegen. Einem jungen Pilger war es im Zelt dann doch zu unangenehm geworden und er hat Zuflucht in der Herberge gesucht, was auch unkompliziert ging. Da der Bursche aus Deutschland kommt, haben wir noch ein paar dieser unverschämt kleinen Heineken-Fläschchen getrunken und Pilgerlatein gequatscht, bevor es dann Zeit war ins Bett zu gehen.