Nach einem mächtig kleinen petit Dejeuner ging es früh los. Das wäre eigentlich unnötig gewesen, weil es nur vier Stunden Gehzeit sein sollen. Aber ich bin hibbelig. Also los. Den Aufstieg auf den Lippen und die Sonne im Gesicht ging es wieder aufwärts, höhenmetermäßig. Leider führte die heutige Etappe überwiegend durch dichte Wälder, also wenig Fernsichten. Ich hätte aber da auch nicht wirklich n Blick für gehabt, weil ich immer wieder aufs Mobile gucken musste, ob es was neues von den Aufsteigern gibt.
So gehen dann vier Stunden schnell rum und auf einmal stehe ich wie auf einem Balkon und schaue ins Tal der Loire und die Ebene von Roanne. Dazwischen irgendwo das Städtchen Belmont. Herrlicher Blick und ein erhebendes Gefühl nun auch diesen Fluß Richtung Midi bald zu überqueren. Ich verweile und freue mich. Das Abwärts Richtung Le Cergne ist schnell erledigt und ich bin im Etappenziel, wo ich aber keine Unterkunft gefunden habe, sondern etwas außerhalb Quartier beziehen kann. So stehe ich gegen Mittag am Marktplatz von Cergne und gebe die Daten von der Unterkunft ein und stelle fest, daß das nochmal ein längerer Spaziergang von anderthalb Stunden werden wird. Das mich das nicht sonderlich schockiert, zeigt mir auch, daß sich mein Zeit-Raum-Kontinuum bereits schön verschoben hat. Und als ich dann noch, gegenüber vom Hotel, das keinen Platz für mich hatte, eine dieser Landkantinen mit einem Menue de Jour für 13 Euro entdeckte, die sich Cafe-Bar-Restaurant-Brasserie nennen, war mein Tag vollständig in Ordnung.
Nach dem Betreten des Gastraums den Rucksack abschnallen und klar machen, daß ich in der Nähe der Theke und des selbstverständlich laufenden Fernsehers sitzen will, wie der Rest vom Fest und nicht wie ein paar Schnösel auf Landpartie, die im aufgepimpten hinteren Teil der Lokalität ohne Fernseher zu sitzen kommen, war eins. Das zufriedene Gesicht der Wirtin das andere. Als ich dann noch ohne Karte das Tagesmenü bestellte (no risk, no fun) und mich für mein schlechtes Französisch entschuldigte, war ich adoptiert. Ne Flasche Wasser und ne Flasche Roten gabs dann sofort aufm Tisch, und während ich die Blockade der Raffinerien im hiesigen Mittagsmagazin nahegebracht bekam, wurden nacheinander ein üppiger Salat, eine Schweinegulasch mit Karotten-Brokkoli-Gemüse und den unvermeidlichen Pommes, ein fromage blanc mit Creme sowie ein Super Apfelstreuselkuchen mit eingearbeiteten Schokostückchen und ein Kaffee serviert. Alles in anständiger Qualität nur der Brokkoli war zerkocht, aber immer noch schmackig. Zum Bezahlen bin ich dann an die Theke und die Kollegin fand das alles sehr nett wie ich mich da integriere (alle anderen haben auch an Theke bezahlt. Learning by watching!) und ich war auch zufrieden.
Zufrieden bin ich einerseits auch mit den Aktionen der CGT und die Idee die Raffinerien lahmzulegen ist schon groß. Sie spielt vor allem auch der Transformation in die Hände, weil so deutlich wird an welchem Tropfen diese Welt klebt, am Öl. Schade ist nur, daß die CGT diesen Gedanken nicht hat und damit auch wenig zu einem zukunftsweisenden Diskurs in der Lage scheint, sondern sich in Abwehrkämpfen zu Tode siegt. Trotz alledem wären deren Streikstrategien auch für die deutsche Gewerkschaftsbewegung bedenkenswert, insbesondere wenn es weiter Richtung einheitliche Industriegewerkschaft gehen sollte.
Mit solchen Gedanken beschäftigte ich mich auf dem Spaziergang ins Hinterland und als ich dann in der Unterkunft war, hab ich geduscht und lang geschlafen. Siesta quasi. Und ich glaub, gleich lege ich mich auch schon wieder hin ☺
Hallo Herr Mertens,
ich wünsche weiterhin einen guten Weg bis Santiago de Compostella. Wir waren diese Woche auch als „Pilger“ (mit dem Bus) Mo/Di da. Ist schon mächtig beeindruckend und nach einer wirklichen Pilgertour sicherlich noch viel imposanter.
Weiterhin eine gute Zeit und bis demnächst.
Grüsse von O. Sprenger
Danke schön. Ich komme am Sonntag nach Le Puy und bin schon mächtig gespannt. Da ist auch in etwa Halbzeit und die ruhige Zeit wird wohl vorbei sein, weil ab Le Puy die Zahl der Pilger stetig zunimmt.
Auf bald.