Nach einem großen Kaffee in der örtlichen Bar und einem Croissant war ich bereit für den nächsten Weg, der mich nach Echarmeux in eine Unterkunft führen sollte, die ich noch nicht kannte. Ich hatte es nämlich unterlassen im Voraus etwas zu buchen, weil weder der Reiseführer noch das Internet irgendwas Greifbares hergegeben hatte. Und weil ich mir beim besten Willen nicht vorstellen konnte, daß es da kein Bett für mich gibt, bin ich halt drauflos gewandert. Die Gegend begeistert mich immer noch und heute gab es erst recht Blicke ins Land, weil es auf die Höhen des Haute Beaujolais ging. Zwischendurch gab es reichlich Gelegenheit ins Land zu schauen (n Insider) und diese Weite, dieses satte Grün hat es echt in sich. Und dann war ich am Col de Brie, wo es eine Maison de Col de Brie gab, die wohl beim deutschen Tourismusmanager in die Schule gegangen war. Infozentrum, Regionalladen und Cafe; alles in Holzoptik und schön integriert. Ich also rein da, den zweiten Kaffee das Tages und ein Sandwich mit einem Ziegenkäse, dessen Cremigkeit und Frische, sowie diesem ganz dezenten Pelz auf der Zunge, diese Zwischenmahlzeit zu einem echten Erlebnis machte. Das sich aus meiner Schwärmerei für den Fromage ergebende Gespräch mit der Frau vons Ganze, die Englisch sprach, ergab eine echte Perspektive, weil sich die Region, wie ein auf den Kopf gestelltes Dreieck darstellt an dessen Spitze mit Lyon ein europäisches Genußzentrum und eine spannende Stadt ist. Darüber auf der rechten Seite das Maconais als südlichster Teil des Burgund und auf der Linken das Beaujolais als eigenständige Region mit den Weinanbaugebieten und eben diesen bis zu 1000 Meter hohen Bergen. Ich sag mal so: Wer kein Meer braucht, kann da tolle 14 Tage zwischen Urbanität, roten und weißen Leckerlis, sowie Fluß und Berg verbringen. Nur mal so. Die war sehr überzeugend die Frau von der Maison…
Auf meinem weiteren Weg hab ich dann den bayrischen Schwaben überholt. Komisch, daß ich mich dann doch wie Bolle gefreut habe, den wiederzutreffen. So ganz ohne Sozialkontakte geht es dann doch nicht. Da der Kollege aber ein gänzlich anderes Tempo hat wie ich, haben wir uns nach ner viertel Stunde auch wieder voneinander verabschiedet. Bei dem BaWü-Pärchen, das ich dann noch traf, hat es nur für fünf Minuten gelangt. Das ist nunmal so und das zu merken, hat ja auch was für sich.
Ich war aber dann so gegen vier am Ziel der heutigen Veranstaltung und die Situation war auf den ersten Blick tatsächlich so wie Reiseführer und Internet es darstellten. Keine Unterkunft in Echarmeux, also bin ich bergab gezogen Richtjng Camping Municipal, was angesichts der Wolkenlage keine so fürchterlich gute Alternative gewesen wäre. Auf halber Strecke lächelt mich aber ein grün-gelbes Schild an, womit die Gites de France, zertifizierte Fremdenzimmer (oder heißt das Gästezimmer?), auf sich aufmerksam machen. Da ich in den vergangenen Wochen ein wenig die Scheu vor der Kontaktaufnahme in einer fremden Sprache verloren habe, klingel ich da mal und sag mein Sprüchlein, das in einem kleinen roten Heft zum Nachlesen aufgeschrieben ist und mit dem ich eine Übernachtung par un nuit anfrage, auf. Und Voila, auch die Nachfrage nach einem leistungsstarken WiFi wird positiv beschieden. Und das ist heut die Hauptsache. Wir schreiben nämlich den 24.05 und die Würzburger Kickers stehen im Rückspiel der Relegation gegen den Meidericher SV und kurz davor in die zweite Liga aufzusteigen.
Deshalb fällt es mir auch leicht, das Angebot des Abendessens, gekocht von der Dame des Hauses, abzulehnen. Ich hab dafür keine Zeit und hock in meinem Zimmer. Die ARD-App hab ich schon vorgestern runtergeladen, das Wlan-Signal hat ausreichend Stärke und dann erscheint auf dem Bildschirm meines Tablet um 18:50h der Hinweis, daß diese Sendung aus rechtlichen Gründen nicht übertragen werden darf. Ich dreh durch. Was soll das? Woran liegt das? Manchmal hilft Nachdenken. Über das Einloggen in das französische Wlan der Wirtsleute, kommt die ARD wohl in Schwierigkeiten, wenn sie überträgt. Also Wlan aus und mit einem Signal in der Stärke H die App gestartet. Kein Spaß. Ruckelnde Bilder. Stehende Bilder, was mir den Anblick des Eigentors erspart. Ich drehe weiter durch und telefoniere mit zu Hause, um auf dem Laufenden zu sein. Und dann stabilisiert sich der Datenflow langsam und ich kann das Spiel sehen. Nach dem 1:1 ist die Sache so gut wie gelaufen. Die Jungs auf dem Platz spielen zu sehen und die Crowd singen zu hören, zeigt drückende Überlegenheit und Leidenschaft. Wir sind drin. Würzburg in der zweiten Liga. Union, die 60ger, Düsseldorf, St. Pauli, Bielefeld. Wer kommt da alles zu Besuch? Wenn kann ich in dem Zuge auch mal wieder besuchen. Das sind so die einen Gedanken, die anderen sind natürlich bei dem blöden Gefühl nicht dabei zu sein. Die Kickers haben mich nun vor fast zehn Jahren gefunden. Ich bin mit denen aus der Bayernliga abgestiegen, über die Dörfer gezogen, wieder aufgestiegen, die Regionalligareform mitgenommen, die Relegation gegen Saarbrücken erlebt und nun das. Wahnsinn und ich in einem französischen Kaff.
Der dritte Gedanke ist fast defätistisch. Will ich das überhaupt? Bereits die dritte Liga hat den Verein und das Drumherum verändert. Was soll in der zweiten Liga werden? Ich erinnere mich daran, daß noch vor ein paar Jahren im B-Block das Bier vom Klapptischchen aus verkauft wurde. Manchmal sogar in Flaschen. Es standen roundabout 50-60 Leute im Block, hatten ihren Spaß und redeten dummes Zeug. Das ist nun vorbei und so sehr ich den Aufstieg auch genieße, bin ich mir noch nicht sicher, wo das für mich endet. Vielleicht guck ich mir ja die Zweite an, aber die steigen auch gerade auf. Und die glorreiche Dritte wurde gerade aufgelöst. Schwierig alles…