Eigentlich faengt der dritte Tag mit der Nacht an. Auch ein zweiter Schoppen erhoehte die Laessigkeit gegenueber der Tatsache mit wildfremden Menschen Matratze an Matratze zu schlafen nicht wirklich. Und so lagen wir dann da: ein sehr nettes Bergsteigerpaerchen mit zwei Kindern ueber mir, links neben mir n Jungdynamiker, der sich beim Bergsteigerpapa ueberschwenglich fuer den tollen „Input“ bedankte, der ihm echt was gebracht hat. Aus Hannover… Rechts neben mir ein Freiplatz (Gott seis gelobt und getrommelt!) und dann ein sprachloses Duett aus Blond-Sie und Gross-Er. Also gefuehlter Null-Schlaf bis 5.45h, weil da zwar nicht zurueckgeschossen wird, aber auf der Huette der Tag beginnt.
Und dafuer werd ich den Rest meines Lebens dankbar sein. Auf 2200 Metern zu erleben, wie es langsam hell wird und der Morgen die Berge in ein ganz eigentuemliches, weiches Licht taucht, ist schon ganz grosses Kino.Leider bin ich nicht alleine, sondern in einer Subform des Massentourismus gelandet. Auf der Huette ist es naemlich gesellig. Und um 6.30h macht sich der erste Schwung der Corona unter grossem Hallo auf den Weg.
-Es laesst sich uebrigens von der Streckenplanung her nicht wirklich vermeiden, dass man mindestens einmal da uebernachtet, wo auch alle anderen schlafen, die den Rother Bergwanderfuehrer nutzen.-
Ich hab mich dann eingefaedelt und hatte zwischendurch auch das Gefuehl dieser Stille, die ein Morgen in den Bergen doch haben sollte. Die quasselnden und optimierungs-besessenen Schwaben genauso wie sportelnde Nachwuchsfuehrungskraefte, die den Trail wohl noch als Fleisskaertchen auf ihrem Lebenslauf brauchen, habe ich an mir vorueberziehen lassen und bin erst um 8.00h an der Seescharte gestanden, der Ueberschreitung ins Inntal. Grosser Moment. Du guckst zurueck auf die Allgaeuer und Lechtaler Alpen und vor dir liegt das Inntal und dahinter siehst du fast schon Italien. Fuer zwei Minuten. Leider hoffte ein schwarzbebrillter Wichtigtuer auf Empfang, weil er dem „Prakti“ noch was mitgeben wollte…. Aber die mussten ja alle weiter und ich konnte mit nur wenigen Menschen im Nacken meinen Abstieg beginnen.
Der hat dann mal gepflegte fuenf Stunden gedauert und 1800 Hoehenmeter gekostet. Aber es ist kein anspruchsvoller Weg, mit Kletterei oder so, sondern nur saulang. Er fuehrt durch das Zamser Loch auf einem fuer den Viehauftrieb in den Fels gesprengten Weg und bietet echt schoene Ausblicke.
Irgendwann hat sie dich aber wieder: die Zivilisation in Form von Inntalautobahn als Hintergrundrauschen und dem Blick auf Landeck als architektonische Erinnerung an die autogerechte Stadt.
Und der Abstieg ist immer noch nicht vorbei. Erst wenn die Autobahnbruecke ueberquert ist, naehert man sich ebenerdig dem Tagesziel: Zams. Ein kleiner Vorort von Landeck, der sich als E5-Etappenort vermarktet. Soll er.
Ich bin im Gasthof Gemse unter, vielmehr im Gaestehaus nebenan. Nun nerven zwar noch zwei Youngsters auf dem Balkon nebenan, die sich mit Tankstellenbier n Netten machen und kurz davor sind, die Welt zu retten. Ich selber habe in der Gemse gegessen und mich drueber gefreut einen Freund des fuenften Viertels am Herd zu finden, also jemandem der das komplette Vieh verarbeitet. Zunaechst gabs deshalb eine Milzschnittensuppe und als Hauptgang einen gebackenen Kalbskopf mit Kartoffelsalat. Also Innereien und angeblich minderwertiges Fleisch, was sehr lecker zubereitet werden kann, aber leider nur allzuoft einfach im Abfall landen, weil viele nur noch Kurzgebratenes wollen. Schoen das es Gastronomen gibt, die am E5 auch mit Schnitzel, Steak und Filet ihren Umsatz machen koennten und trotzdem einen nachhaltigen Weg gehen. Und geschmeckt hats auch.
Die Jungs haben endlich die Welt gerettet und ich leg mich jetzt auch hin, weil morgen frueh Tag 4 beginnt.
Bella Ciao!