68. Etappe: Condom – Eauze

Nachdem ich gestern noch beschlossen habe, jetzt mal richtig locker zu werden, bin ich erst um 8:00h zum Frühstück und habe das sehr genossen. Choko, Croissant, frisches Baguette, Marmeladen, gekochter Schinken und ein schnittfester Ziegenkäse, der bei uns wohl unter Ziegengouda laufen würde, hier aber anders heißt. Dazu servierte die Dame des Hauses einen Sirup, den ich in gelber Verpackung als Grafschafter Goldsaft kenne. Sie sagte, daß man ein wenig von dem Sirup über den Käse träufelt. Hab ich dann getan und war hin und weg. Hölle, ist das lecker. Zum Abschluß noch zwei Aprikosen kleingeschnitten und Jogurt drüber. Das kennen die Franzosen weniger, sondern haben, natürlich in Plastikportionspackungen, Fruchtpürrees, mit der wahrscheinlich die Industrie die Rückstände bei der Saftherstellung vermarktet. Der Kapitalismus ist schoa a Hund, wie der Oberbayer sagen würde…

Dergestalt gestärkt bin ich gegen Neune los, was eher spät ist, und wollte mal sehen, bis wohin der Tag mich bringt. Und es geht flott voran. Das ist hier nämlich nicht mehr sanft hügelig, sondern flach und der Weg führt über weite Strecken über die alte Bahnlinie Toulouse – Bourdeaux. So bin ich schon mittags in Montreal (Gers) und habe Zeit dem Sommerauftritt der Musikschulklassen vom Cafe aus zuzuhören. Nett. Bis auf einmal Töne erschallen, die mich an meine Lieblingsband erinnern. Muß ich mir angucken und tatsächlich stehen da jede Menge Bläser und geben, getrieben von Schlagzeug und Gitarre, ihr Bestes. Schön, da zuzuhören und mitzuwippen. Es ist nicht annähernd so flott wie bei Obrint Pas, aber diese Klarinetten-Flöten-Tröten haben etwas Treibendes, dem ich mich nicht entziehen kann.

Zurück im Cafe merke ich auch, daß ich Lust bekommen habe weiterzugehen und so geht es zügig in vier Stunden bis Eauze. Beim letzten Zwischenstopp an einer Pilgerraste, einer sehr liebevoll quasi im Garten der Gite untergebrachten Bar-Cafe-Sandwicherie, komme ich mit dem Kerl hinter der Theke -weniger Wirt, eher so der Typ Zivi kurz nach dem Abi, deshalb des Englischen mächtig- ins Gespräch und zwar übers Wetter. Meine App sagt, daß es heute nacht nicht regnet und er versichert glaubhaft, daß von der Landwirtschaftlichen über Meteofrance bis hin zu seiner Großmutter alle sagen, daß es heute nacht wieder regnen und gewittern wird. Also nix mit Zelten, aber er hat einen Kumpel mit ner Kneipe, die auch Zimmer hat. Ok, dann halt das. Er ruft da an und sagt, daß alles klar geht. Das entspannt mich noch weiter und laufe weiter wie auf Gleisen.

Bei meiner Ankunft merke ich, daß ich direkt am Kirchplatz im Cafe de France unter bin und melde mich da. Der Wirt gratuliert mir zu dem Hauptgewinn, weil er eigentlich gar kein Zimmer mehr frei gehabt hätte, aber wegen seinem Kumpel und so. Er geht vor mir die Treppe hoch und die Gästezimmer zweigen links und rechts ab. Wir gehen links und bleiben vor der Tür stehen auf die ein Metallschild genagelt ist, auf dem Prive steht und handschriftlich eine 21 drunter geschrieben ist. Ok. Er schließt auf. Wir kommen in eine Küche, zu der er meint, daß die mich nicht zu kümmern braucht. Dann ein Wohnzimmer, ein Schlafzimmer, ein Bad. Das hat aber nichts mit einem Hotelzimmer zu tun, sondern erinnert mich fatal an die Schlafgelegenheiten für die Servicekräfte meiner alten Stammkneipe, die zu ähhh… lange gearbeitet hatten, andere Aushilfen und Leute auf der Walz. Daß da allgelegentlich, die einen zu den anderen fanden, ist auch klar. Und ich jetzt vor dieser Szenerie, aber die Betten sind frisch bezogen und Handtücher, frische, liegen auch da. Ok. Ich bleibe da drin. Alles andere ist Geschichte.

Frisch geduscht und irgendwie auch mit einem Schmunzeln auf den Lippen, wo es einen überall unterkommen lässt, gehe ich mal ein wenig durchs Dorf und esse dann in meiner Homebase. Es läuft überraschenderweise Fußball, nicht Rugby, obwohl ich beim Einlauf in die Stadt tatsächlich mal ein echtes Rugbystadion gesehen habe. Es scheint aber auch eine starke portugiesische Community in town zu geben, weil die nun die Plätze vorm Großbildschirm entert. Ja dann, dann bleib ich doch hier mal sitzen und gucke, was geht…

Ein Gedanke zu „68. Etappe: Condom – Eauze

  1. Mein lieber Klaus,
    heute habe ich voller Spannung und Freude deinen letzten Blogeintrag gelesen und bin nun wieder „bei“. Heute morge hätte ich fast vergessen auszusteigen, weil ich so vertieft ins Lesen war und dir tief in deine faszinierende Gedankenwelt gefolgt war – Danke dafür! Das macht richtig Spaß und ich muss dir meinen tief empfundenen Respekt zollen für diese tolle Reise!
    Zudem mir deine Berichte von der Loire sehr viel Lust auf meinen beld anstehenden Urlaub im Medoc bereiten! Weiter so und immer fleißig in ie Tasten hauen…
    Bonne route und bis bald
    Holger

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