40. Etappe: Le Cergne – Pouilly-sous-Charlieu

Nachdem ich von der Unterkunft bis zum Startpunkt schonmal 6,5km gelaufen war, mußte ich in der Landkantine, die mir von gestern mittag noch in bester Erinnerung war, Einkehr halten, bevor es denn dann weiterging. Neben einer netten Verabschiedung durch die Wirtsleute, wurde mir noch der Hinweis mit auf den Weg gegeben, daß es sehr, sehr chaud werden würde, was sich auch bestätigte. Die fast sieben Stunden durch die Roannaiser Ebene war schon reichlich kraftraubend, weil es warm, sehr warm war und sie die Pflanzenwelt dazu entschlossen hatte, das gute Wetter zu nutzen, um aber auch alles an Pollen in die Welt zu setzen, was verfügbar ist. Für einen Allroundallergiker, der zu Heuschnupfen neigt, sind das echte Großkampftage, weil die Nase läuft, die Augen und der Gaumen jucken und da wo einen die Gerste streift, gibts rote Flecken.

Wenn man dann trotzdem dazu kommt, hier und da mal stehen zu bleiben und die Landschaft auf sich wirken zu lassen, muß die Landschaft schon was haben. Und das hat sie hier. Die sanft geschwungene Ebene von Roanne und das Loiretal, beim vorwärtsgucken schon wieder blaue Berge, die – meine Vermutung – bereits die Nordausläufer der Auvergne sind und beim Rückwärtsgucken auch blaue Berge, das Beaujolais Haute. Die sanften Schwingungen der Ebene sind satt grün und durchsetzt mit weißen Sprengseln, den weidenden Charolais-Rindern. Hinzu kommt der Hinweis auf die Cote d‘ Roannais, einem Weinanbaugebiet, das mir nichts sagt.

Ich komme nach Charlieu, einem wunderschönen Städtchen mit einer augenscheinlich funktionierenden Infrastruktur und einer ansprechenden Gastrolandschaft. Ich ziehe aber weiter nach Pouilly-sous-Charlieu, dem definierten Etappenziel, und lande in einem Kaff. Aber es gibt einen Campingplatz und da wollte ich hin. Bei dem prima Wetter kann ich mein Zelt, zum ersten Mal nach St. Jean de Losne, mal wieder aufbauen. Und da es ein kommunaler Campingpplatz ist, geht es auch etwas unkonventioneller zu, so daß ich freie Platzwahl habe und einen Platz nahe an einer Sitzgruppe und einer Wäscheleine ergattere. Nachdem dann die häuslichen Pflichten, Zelt aufbauen, Luftmatratze richten und Schlafsack lüften, sowie die Chance nutzen, die Wanderklamotten mal durchzuwaschen, erledigt sind, entschließe ich mich ob der Gelegenheit mit der Sitzgruppe zum abendlichen Picknick. Dabei unterläuft mir natürlich der Fehler, hungrig einkaufen zu gehen und, wie soll ich sagen, etwas über die Stränge zu schlagen. Beim Metzger gibt es zwei kleine Salate, jambon fume und eine Boulette, bein Käsedealer einen Ziegenweichkäse und einen Tomme de Auvergne, dazu Tomate und Salatgurke, sowie zwei Sorten Brot und ein Fläschchen Chardonnay aus der Gegend. Den Chardonnay kaufe ich erst, nachdem ein grundlegendes Problem dieser Reise gelöst ist.

Wein kann man nicht aus der Flasche trinken. Basta. Also gibt es Wein nur im Restaurant oder gar nicht. Da ich aber gerne Wein trinke und mehr und mehr zelten möchte, brauche ich ein Glas. Woher nehmen? Und heute pressiert es, weil ich ja picknicken will. Will. Will. Will. Ich komme in der übelsten Trotzphase an einem Antiquitätengeschäft vorbei und denke mir, warum den eigentlich nicht. Ich betrete den Laden und niemand ist zu sehen, aber auf einem Tisch sind sackweise Gläser aufgestellt und dabei ist auch eins, was mir zu Pass kommt. Klein und stabil, so wie diese Bistroweingläser. Die Dame des Hauses erscheint und ich versuche ihr radebrechenderweise klarzumachen, daß ich zu Fuß unterwegs bin, aber gerne Wein trinke und ohne Glas kein Wein schmecken kann. Sie scheint mich zu verstehen und drückt mir zwei Gläser in die Hand. Eins für den aktuellen Gebrauch und eins als Reserve, weil Glas beim Wandern ja so sensibel sei. Als ich frage, was sie bekommt, macht sie mir klar, daß sie mir die schenken will. Das freut mich ganz ungemein und ich bedanke mich nicht artig, sondern überschwenglich.

Der Abend wird ein Fest. Bestes Wetter, eine Sitzgruppe und lecker Sachen, schicke Gläser und n guter Wein. Danach eine Nacht im Zelt, viel frische Luft und ein Schlaf, der seinen Namen verdient. Und morgens ohne nasses Zelt wachzuwerden ist, und in ner halben Stunde alles eingepackt zu haben, ist dann schon echt Gold.

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